Wohl dem Menschen, der Weisheit erlangt,
sie ist ein Baum des Lebens allen, die sie ergreifen.
Sprüche 3, 13+18


Von Menschen und Bäumen 
 
 „Man braucht zuweilen tieftiefe Einsamkeit,  um sich der inneren Bezirke seiner Seele
wieder bewusst zu werden –
 des Erblühens und Reifens verborgener Gründe im heimlichsten Innern.“ (S. 15)
 
Dichterin der Seele Henriette-Brey von Gisela Seidel.  

 



Der alte Baum
 
Ein alter Baum, der sich gen Himmel streckt,

zu dessen Krone Zweig an Zweig sich binde,

der unter dunkel, harter Borkenrinde

die Ringe seiner Jahre wohl versteckt.
 
In hundert Jahren wird er noch hier stehen,

wenn sich die Zeit schon lang gedreht

und neuer Geist durch Land und Köpfe weht,

hat er so manchen Sturm gesehen.
 
Sein Laub singt uns im Wind die alte Weisen,

von Liebesglück und Leid, das er geschaut,

und nur ein winzig Herz, geritzt in seine Haut,

wird mit ihm in die ferne Zukunft reisen.

                         Gisela Seidel