Im Leben





 Das Höchste im Leben
  
                     Kathinka Zitz-Halein
                 
(1801-1877)


 




Was wäre das Leben wenn Liebe drin fehlte?
Wo fände das Unglück erneuerten Muth?
Als gütig der Schöpfer den Menschen beseelte,
Gab er ihm den Funken zur heiligen Glut.
Die Lieb' ist stark
Wie Löwenmark,
Sie lehrt uns den Kummer ertragen,
Hat Balsam für Wunden und Klagen.

Die Liebe streut Blumen auf dornige Pfade,
Die Liebe erhebt uns zum Urquell des Lichts,
Sie trinkt aus dem Borne der ewigen Gnade,
Und höher als Gold oft erfreut sie ein Nichts.
Die Lieb' ist mild,
Der Gottheit Bild.
Und ward auch das Herz oft verwundet,
Die Liebe vergibt - es gesundet.








Die Lieb' ist verschwistert mit Weh und mit Schmerzen,
Doch trägt sie geduldig ihr vielfaches Leid;
Denn seelige Freuden auch reicht sie dem Herzen
Das ihr sich auf ewig zum Dienste geweiht.
Die Lieb' ist groß
Und schön ihr Loos,
Ob Liebe von Leid auch umfangen,
Ob Leiden sich kehrt in Verlangen.


Die Lieb' ist des Lebens hochheiliger Segen,
Sie flügelt die Seele zum Himmel empor;
Sie weckt unsre Kräfte die fröhlich sich regen,
Sie hilft uns erringen was Unmut verlor.
Die Lieb' ist Glut,
Sie gibt uns Muth,
Und führet durch Kampfesgewühle,
Zum schönsten, zum herrlichsten Ziele.






Die Liebe macht reich, selbst wenn Bettler sie nähren,
Sie schenkt den Beglückten oft ewige Gunst;
Die Liebe kann Kränze des Nachruhms gewähren,
Sie öffnet dem Jünger die Thore der Kunst.
Die Lieb' ist Heil,
Der bessre Teil
Den gütig die Gottheit gegeben
Dem Menschen zum Trost für das Leben.